29 Aug 2022


Das Eröffnungskonzert des Radebeul-Festivals

Die Stadt an der Sächsischen Weinstraße schuf ein eigenes Festival

Im Nachgang der Moritzburger Festspiele des Corona-Jahres 2021 hatte der Sohn der Stadt Radebeul und Violinist Albrecht Menzel die Musiker Sindy Mohamed, Sacha Maisky  und Andrei Ioniţâ eingeladen, mit ihm ein damals „ausgedünntes“ Konzert in seiner „Friedenskirche“  zu gestalten.

Der Erfolg des Konzertes und Wunsch auf eine Wiederholung führte fast zwangsläufig zur Idee für die Stadt vor den Toren Dresdens zwischen Weinbergen und Elbe ein kleines feines Musikfestival zu arrangieren, zumal mit den beiden Kirchen, im Weingut Schloss Hoflößnitz und im Industriedenkmal des ehemaligen VEB ZERMA geeignete Veranstaltungsräume zur Verfügung stehen.

Mit Unterstützung zahlreicher Helfer aus der Gemeinde und einiger Sponsoren konnte Albrecht Menzel als künstlerischer Leiter für den Zeitraum vom 26. August bis zum 4. September 2022 vier anspruchsvolle Konzerte mit seinen international erfolgreich tätigen Freunden und weiteren Musikern gestalten.

Am 26. August erlebten wir in der Friedenskirche Radebeul-Altkötschenbroda mit dem  „4. Albrecht Menzel & Friends“ mit Albrecht Menzel, Violine; Sascha Maisky, Violine; Sindy Mohamed, Viola; Andrei Ioniţâ, Violoncello und Lily Maisky, Klavier das Eröffnungskonzert.

Gespielt wurde zu Beginn das Klavierquintett  Es-Dur  op. 44 von Robert Schumann (1810-1856) aus seiner Leipziger Zeit, welches 1843 unter Leitung des damaligen Gewandhauskapellmeisters Ferdinand David und der Klavier-Mitwirkung Clara Schumanns uraufgeführt worden war.

Besonders beeindruckte, wie die fünf Musiker die Moll-Stimmung des „Un poco largamente“ im Scherzo nachklingen ließen und aber im Finalsatz anmutigen Optimismus verbreiteten.

Mit des Individualisten Alfredo Casellas (1883-1947) „Fünf Stücken für Streichquartett op. 34“ aus dem Jahre 1920 folgte eine seltener gehörte Arbeit eines der originellsten Komponisten seiner Zeit.

Die unterschiedlich markant-rhythmischen Stücke belegten durchaus die Verbundenheit Casellas mit Debussy, Ravel, Mahler, Strauss und besonders der Rhythmik Strawinskys. Auch hatte ich den Eindruck, dass von den Hörern des Konzertes die divergiert-farbenreichen Stücke begeistert aufgenommen wurden, selbst als sich im schier endlosen vierten langsamen Trauer-Nocturne leichte Unruhe bemerkbar machte.

Zu einem Ereignis gestalteten die fünf Musiker Antonin Dvořáks Klavierquintett A-Dur  Nr. 2  op. 81. Das Quintett gilt als Versuch, eine Synthese zwischen dem naiven Lyrismus Franz Schuberts bzw. Robert Schumanns und dem symphonischen Charakter des Klavierquintetts des Johannes Brahms herzustellen.

Mit dem  gut fünfzehn-minütigen ersten Satz des großen Kammermusikwerkes erzählten die Musiker entspannt und souverän eine böhmische Heldengeschichte, so dass die Hörer, in die Dramatik des Werkes eingeführt, jeden folgenden Formteil, jede Imitation innerhalb der Stimmen, jeden eifrigen Dialog als leuchtenden Bilderbogen orchestraler Pracht empfinden konnten.

Der Wirkung des Konzertes kamen die gute, leicht trockene Klangentfaltung im Kirchenraum, die Spielfreude und die prachtvollen Instrumente der Musiker entgegen. Immer wieder begeistert uns die Stradivari „Lady Hallé/Ernst“ Albrecht Menzels sowie der eigentlich zurückhaltende Klang des von Andrei Ioniţâ gespielten Violoncellos aus der Werkstatt des Giovanni Battista Rogieri (1642-c1710), gebaut im  Jahre 1671, mit seinen starken Bässen und den intensiven Obertönen.


Thomas Thielemann